Ein Beispiel frühzeitiger Industrialisierung der Salzwirtschaft in der Gemeinde Apelern
Ursprung
Wenn man den Namen Soldorf mit dem dort anzutreffenden Salzvorkommen in Verbindung bringt, dann müssen die hiesigen Salzlager bereits im 12. Jahrhundert bekannt gewesen sein. Bereits 1150 wird in den Aufzeichnungen eines Mönchs Eberhard aus der Abtei Fulda der Ort „Saltorp“ erwähnt.
Und aus dem Jahre 1320 ist bekannt, dass „…Graf Johann von Roden und Wunstorf dem Kloster Rinteln das Eigentum einer halben Pfanne in der Saline Soldorf überträgt, die ihm von Heinrich von Ripen resigniert wurde“.
Mehrere urkundlich belegbare Pachtgesuche (1571, 1613, 1718) an die Landesherren zeigen, dass die gewerbliche Salzgewinnung schon frühzeitig ein lohnenswertes Unterfangen war. Schließlich wies man dem Amt Rodenberg wegen des Soldorfer Salzwerkes bei der Teilung der Grafschaft 1647 mit einem jährlichen Ertragswert von 10 400 Reichstalern die zweithöchste Wertung aller schaumburgischen Ämter zu – noch vor den Ämtern Stadthagen (9 220 Rhtl.) und Bückeburg (7 093 Rhtl.).
Die Salzgewinnung
In Soldorf wurde zeitweise aus 5 Bohrlöchern salzhaltiges Wasser, die so genannte Sole gepumpt, deren Salzkonzentration zwischen 1,5 % und 4 % lag. Anfangs wurde das Salz durch Versieden der Sole gewonnen, was allerdings einen enormen Feuerungsbedarf erforderte.
Nach Anwendung der Tröpfelgradierung in Soldorf (ab 1735), bei der die Sole mehrmals über Dornengestrüpp gleitet wurde, um so durch Verdunsten den Wassergehalt zu verringern, sank der Energiebedarf beim Versieden erheblich.
Energieträger für die Pumpen war das vom Bückeberg in kleinen Bächen herabfließende Wasser. Oberhalb der Rehbruchsmühle bei Lyhren wurden diese zu einem „Hauptgewässer“ zusammengefasst, das anschließend über den „Kunstgraben“ nach Soldorf geleitet wurde – auf ein Wasserrad, das sog. „Kunstrad“ und das „Gradierrad“, das die Pumpen am Gradierhaus betrieb. Später wurden die Wasserräder durch eine Turbine ersetzt.
Für die Salzsiedung nutzte man Holz und Steinkohle. Letztere wurde aus Wendthagen am Bückeberg nach Soldorf herbeigeschafft. Noch heute wird in Groß Hegesdorf eine Straße „Kohlenweg“ benannt und in Soldorf heißt eine Straße „Am Salinenplatz“.
Aus den Akten
Im Niedersächsischen Landesarchiv Bückeburg befinden sich mehrer Aktenpakete, die Einblicke in Betrieb und Entwicklung des Soldorfer Salzwerkes geben.
Besonders aufschlussreich für den Arbeitsablauf ist hier eine aus dreißig Paragraphen bestehende Dienstanweisung aus dem Jahre 1789, die den Gradierern jährlich vom verantwortlichen Salzinspektor vorzulesen war.
„INSTRUCTIONs VOR DIE GRADIRER BEYM HERRSCHAFTLICHEN SALTZWERCK ZU SOOLDORFF“
- Bei Dienstantritt um 06:00 Uhr musste zunächst das Gradierwerk auf Schäden und Veränderungen untersucht werden.
- Unnötige Zusammenkünfte und Gespräche mit den Kameraden hatten zu unterbleiben.
- Bei Frostwetter war das Kunstrad abzueisen.
- Bei Feuergefahr, bei Wassergefahr und bei nächtlichem Gewitter hatten sich die Gradierer auf dem Kohlehof einzufinden.
- Bei Verschweigen von Schäden, bei „Fluchen, Raufen und Vollsaufen“ drohte ihnen bei Strafe der sofortige Verweis vom Werk.
- Weiterhin war die Tröpfelmenge der Windstärke angemessen einzustellen, damit keine Sole fortgeweht wurde.
- Bewegliche Teile waren regelmäßig abzuschmieren.
Das Ende de Salzgewinnung in Soldorf
Für die Saline Soldorf sind 1742 ein Gradierhaus und zwei Siedehäuser mit jeweils einer Siedepfanne bestätigt. Im selben Jahr entschloss man sich wegen der geringen Wasserkraft in Soldorf keine zusätzlichen Erweiterungen vorzunehmen. So verlegte man nach und nach den Salinenbetrieb „in die Masch“ an der Rodenberger Aue. Dort begann man 1809 mit der Salzsiedung.
In Soldorf wurde die Salzsiedung 1811 eingestellt, 1813 wurde auch die Gradierung der in Soldorf geförderten Sole an die Masch verlegt. Schon 1814 erschien in den „Hessen Schaumburgischen Landes Anzeigen“ eine Verkaufsanzeige für den Erwerb des alten Siedegebäudes, dessen Abbruch 1819 erfolgte.
Das Rodenberger Salzwerk „Masch“ produzierte noch bis 1876 Siedesalz. Von den fünf einstmals bei Soldorf gelegenen Bohrlöchern wurden alle bis auf eines verschlossen.
Ersuche, Bewilligungen – Befreiungen und Sozialleistungen
- In den Jahren 1736 bis 1821 wird um „…Bewilligung einer Beisteuer aus der Salzwerkskasse…“ ersucht, da es immer wieder zu Transportunfällen kommt.
- Dienstpflichtige bitten 1776 und 1816 um „Befreiung“ von Kohlen- und Dienstfuhren gegen entsprechendes Dienstgeld.
- Einen Hinweis auf Sozialleistungen gibt eine Akte von 1728, die über die „Salzabgabe für Arme“ berichtet, und sogenanntes „Freisalz“ wurde 1789 an die „Salinenarbeiter zum eigenen Gebrauche“ geliefert.
- Die „Witwe Bartels in Sooldorf“ bittet 1746 um „Befreiung von dem an die Saline zu leistenden Naturaldienste“ und der Beckedorfer Pfarrer erhält 1759 Salz für seine Fürbitten für das Soldorfer Salzwerk.
Die Belegschaftsstruktur
1815 waren auf der Saline Masch 36 Personen beschäftigt:
ein Obersalzinspektor, ein Salinenkontrolleur, ein Gradiermeister, ein Gradiergeselle, ein Obergradierer, 10 Gradierer, 8 Salzsieder, 4 Schmiede, 2 Kunstschmiede, 6 ständige Tagelöhner und ein Arzt.