Groß Hegesdorf war in früheren Zeiten häufig Anlaufpunkt für Geschäftsleute und Unternehmer aus Hannover und Umgebung. Anlass der Besuche war das große handwerkliche Können von Schneidermeister Willi Nacke, der hier in dritter Generation ein Schneideratelier betrieb. Anna-Luise Zeidler-Hurek hat Willi Nacke besucht und seinen Werdegang für uns verfasst.
Willi Nacke wurde 1937 in Groß Hegesdorf geboren und besuchte ab 1945 die dortige Volksschule, um nach kurzer Zeit in die Schule nach Reinsdorf überzuwechseln. In Reinsdorf wurden 64 Schüler aus den Schuljahrgängen 1 – 8 in einer Klasse zusammengefasst.
Lehre, Gesellenzeit und Meisterschule
Nach achtjähriger Schulzeit begann er 1954 eine Schneiderlehre bei Schneidermeister Heinrich Thöneböhn in Rumbeck bei Hessisch Oldendorf. Dort wurde von Montag bis Samstag Vormittag gearbeitet, anschließend konnte er mit dem Fahrrad nach Hause, nach Groß Hegesdorf fahren. Während der Lehrzeit bekam er im 1. Lehrjahr 4,00 DM, im 2. Lehrjahr 6,00 DM und im 3. Lehrjahr 8,00 DM, jeweils pro Monat.
Nach Abschluss der Lehre und bestandener Gesellenprüfung ging er, um seine Kenntnisse zu erweitern, zu einem Herrenschneidermeister nach Richenau bei Höxter. Dort betrug sein Stundenlohn als Geselle 1,21 DM. Unterkunft fand er die Woche über im Chaussee-Hotel in Richenau für 20,00 DM pro Woche einschließlich Mittagessen.
Die Fahrten am Wochenende nach Hause bestritt er mit seinem 1955 angeschafften Roller, Marke NSU Prima.
Nach weiteren Anstellungen in Lindhorst und Bad Eilsen begab er sich 1959 auf die Meisterschule nach Köln, nachdem er vorher den dafür obligatorischen Zuschneidelehrgang in Hannover absolviert hatte.
Hannoversche Prominenz in Groß Hegesdorf
Am 1. Januar 1960 übernahm Willi Nacke den väterlichen Schneiderbetrieb in Groß Hegesdorf. Sein Großvater und sein Vater waren ebenfalls Schneidermeister.
Willi Nackes inzwischen weit bekannte fachliche Kompetenz führte dazu, dass er ab 1970 sogar die Maßhosen für den renomierten Herrenausstatter SÖR in Hannover nähte. Zahlreiche prominente Kunden aus der hannoverschen Unternehmer- und Geschäftswelt ließen bei Wille Nacke arbeiten.
Noch heute steht er mit einigen von ihnen in schriftlicher Verbindung. Viele interessante und lustige Anekdoten kann er aus dieser Zeit erzählen.
Im Jahr 2000 gab er seinen Schneiderbetrieb auf und ging in Rente. Eine 130-jährige Schneidermeistertradition fand damit ihr Ende.
L. Z., Okt. 2018